In etwa jedem vierten deutschen Haushalt lebt eine Katze. Damit ist die Mieze das beliebteste Haustier hierzulande. Die schnurrenden Samtpfoten sind aber auch wirklich zu niedlich! Doch die Stubentiger bereiten nicht nur große Freude – vor allem Freigängerkatzen stehen in der Kritik: Sie sollen Schätzungen zufolge etwa 200 Millionen Vögel auf dem Gewissen haben. Sind Freigängerkatzen also eine Bedrohung für die Artenvielfalt?
Katzen lieben es, stundenlang durch die Gegend zu streifen, sich zu putzen und sich von Herrchen und Frauchen kraulen zu lassen. Doch in ihnen schlummert auch ein Raubtier: Sobald sich irgendwo etwas bewegt, sind sie sofort in Lauerstellung. Millionen kleine Säugetiere und Vögel fallen in Deutschland jährlich Katzen zum Opfer. Weltweit sind es Milliarden. Sollte man Katzen also besser nur noch drinnen halten?
Stellen Freigängerkatzen eine Gefahr für die Artenvielfalt dar?
Katzen sind Schleich- und Lauerjäger. Bis zu einer Stunde können sie beispielsweise vor einem Mäuseloch verharren und auf ihre Beute warten. Dass sie erfolgreiche Jäger sind, hast du sicherlich schon mindestens einmal bemerkt, wenn du über ein lebloses „Geschenk“ deines Schmusetigers vor der Terrassentür gestolpert bist. Doch stecken in Miez und Maunz wirklich skrupellose Killer, die den Vogelbestand auf dem Gewissen haben?
Lars Lachmann, Vogelexperte beim NABU, ist nicht dieser Meinung. „Ausgehend von nach der Brutzeit etwas mehr als 400 Millionen Vogelindividuen in Deutschland müsste dann jeder zweite Vogel von Katzen getötet werden. Geht man dazu davon aus, dass Katzen meistens im Siedlungsbereich jagen, müsste nach diesen Zahlen dort jeder Vogel von Katzen gefressen werden“, ist sich der Experte sicher.
Dabei nehmen die Vogelbestände in menschlichen Siedlungsgebieten eher zu, wohingegen die Bestände in Agrarlandschaften und in Wäldern eher zurückgehen. Lars Lachmann geht davon aus, dass die größte Bedrohung für die Artenvielfalt die fortschreitende Verschlechterung von Lebensräumen durch den Menschen ist und bleibt.
Schaut man hingegen auf Inseln, wie beispielsweise Neuseeland, bedeuten von Menschen eingeführte Katzen tatsächlich den sicheren Tod für viele, zum Teil flugunfähige Vogelarten. Die Tierwelt in Neuseeland kennt nämlich keine Landraubtiere.
Schnurrende Schmusetiger oder lautlose Attentäter?
Etwa 15 Millionen Hauskatzen leben in Deutschland. Diese unterteilen sich in Stubentiger, Freigänger und verwilderte Hauskatzen. Die Stubentiger sind für die Vogelwelt natürlich harmlos. Aber auch die zu Unrecht verrufenen Freigänger stellen keine unmittelbare Bedrohung für die Artenvielfalt dar, da sie nur zum Zeitvertreib jagen. Ihre Ausbeute ist relativ gering. Die größte Gefahr für die Vogelwelt geht von den verwilderten Hauskatzen aus, da sie gezwungen sind, ihren Nahrungsbedarf unter anderem durch die Jagd auf Kleintiere zu decken.
Reduziert man also diese Bestände, würde sich das Problem des Vogelsterbens auf ein erträgliches Maß reduzieren. Ein wichtiger Beitrag ist hier die Kastration verwilderter Hauskatzen, kombiniert mit einer entsprechenden Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Hauskatzen mit Freigang.
Zudem solltest du als Katzenbesitzer darauf achten, dass deine Freigängerkatze von Mitte Mai bis Mitte Juli nicht in den Morgenstunden draußen herumschleicht. Dann sind die gerade flüggen Jungvögel unterwegs. Wenn du zusätzlich viel mit deiner Katze spielst, reduziert sich dadurch ihr Jagdtrieb.
Wer hat Einfluss auf Tierpopulationen?
Die Freigängerkatzen völlig von ihrer Bedrohung für Vögel und Kleintiere freizusprechen, wäre jedoch falsch. Neben Vögeln machen Katzen bevorzugt Jagd auf Mäuse, aber auch Frösche, Molche, Eidechsen und Blindschleichen werden von den lautlosen Samtpfoten gejagt. Aus Tier- und Artenschutzsitz ist dies zwar ein unerwünschtes Jagdverhalten, aber insgesamt hat die Lebensraumqualität auf Tierpopulationen einen stärkeren Einfluss als Katzen.
Wenn Arten einfach so verschwinden, ist meist der Mensch dafür verantwortlich. Er nimmt großen, zumeist negativen Einfluss auf die Natur und beraubt viele Lebewesen ihres Lebensraumes und ihrer Nahrungsquellen.
Übrigens: Ein Glöckchen am Halsband der Freigängerkatze ist nicht zu empfehlen. Sie stellen eine mögliche Verletzungsgefahr dar und der Nutzen ist eher gering.
Wenn du eine kastrierte Freigängerkatze hast und zusätzlich etwas dafür tun möchtest, dass deine Mieze weniger Jagd auf andere Tiere macht, kannst du ihr hochwertiges Futter mit einem hohen Fleischanteil geben. Laut einer Studie erbeuten Katzen unter diesen Bedingungen 30–40 Prozent weniger Tiere. Vogelnistkästen, Vogeltränken und Futterhäuschen in mindestens 2 Meter Höhe halten die Katzen ebenfalls vom Jagen fern.
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Quelle: nabu.de, utopia.de
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