Ein Blick in die Regale der Drogerien zeigt: Für jedes noch so spezielle Haushaltsproblem gibt es ein besonderes Produkt – schön knallig verpackt und mit einer Zutatenliste, die jedes Chemikerherz höher schlagen lässt. Bei diesem absurden Überangebot nimmt es nicht wunder, dass altbewährte Hausmittel wieder voll im Trend liegen. Vor allem Essig ist beim Putzen beliebt. Kein Wunder, schließlich ist Essig nicht nur biologisch abbaubar, sondern auch äußerst vielseitig einsetzbar.
Doch Vorsicht: Essig und Essigessenz sind zwar in vielen Situationen hilfreiche Mittel gegen Fett, Kalk und sogar Rost, aber deshalb noch lange nicht universell einsetzbar! Bei folgenden Dingen sind sie als Putzmittel ungeeignet:
1. Naturstein
Naturstein ist – wie es der Name sagt – ein Naturprodukt. Je nach Gesteinsart und Herkunft ist sein optisches Erscheinungsbild stets ein Unikat. Auch die Zusammensetzung variiert von Gestein zu Gestein. Ein wesentlicher Bestandteil von Marmor, Basalt und Schiefer ist jedoch Kalk (bzw. Calcium). Da Essig ein hervorragender Kalklöser ist, wird die Oberfläche des Steins rau und es entstehen Flecken.
Auch bei Arbeitsplatten aus Granit sollte man aufpassen. Denn das Hartgestein hält zwar im Grunde der Essigsäure stand, doch nicht alles, was Granit heißt, ist auch Granit: „Schwarzer Granit“ ist häufig Basalt, farbige Varianten enthalten wiederum Eisen-, Mangan- oder Zinnverbindungen, die mit der Essigsäure reagieren. Verfärbungen und Eintrübungen sind die Folge.
Das dritte Problem: Ist der Naturstein versiegelt, wird dieser Schutz durch den Essigreiniger zunichtegemacht. Wasser und Öle dringen schnell in die offenen Poren ein und bilden teils für Monate oder Jahre hässliche Flecken. Bei Naturstein sollte man im Zweifelsfall also lieber auf Hausmittel verzichten und ein auf die individuelle Gesteinszusammensetzung abgestimmtes Pflegemittel verwenden.
2. Fliesenfugen
Mit Essig kann man einen wirklich großartigen Badreiniger herstellen, der Wasserflecken und verkalkte Armaturen in Windeseile reinigt. Mit dem Mischverhältnis sollte man allerdings sorgsam umgehen und niemals pure Essigessenz verwenden. Denn ist die Säurekonzentration zu hoch, wird der Fugenmörtel zwischen den Fliesen porös. Der besteht nämlich vor allem aus Zement – und dieser ist nichts anderes als eine Verbindung aus Kalk und Ton.
Niedrige Konzentrationen von Essigsäure sind indes ungefährlich. Wer ganz sichergehen möchte, kann Fliesen und Fugen vor der Anwendung auch einfach nass machen. So kann man die Fliesenfugen reinigen, ohne dass der Essig in den Fugenmörtel eindringt.
3. Silikonfugen
Auch Silikonfugen werden durch Essig angegriffen. Wer schon einmal selbst Silikonfugen verlegt hat, kennt den beißenden Essiggeruch in den ersten Minuten des Aushärtens. Das Silikon wird hart, indem Essigsäure verdunstet. Kommt Silikon erneut in Kontakt mit Essigsäure, kehrt sich der Vorgang um. Auch der im Silikon enthaltene Schimmelschutz wird angegriffen.
Wie immer macht hier die Dosis das Gift und nicht jedes Silikon enthält Essigsäure. Alternativ kann man sich seinen umweltfreundlichen Badreiniger aber ebenso mit Zitronensäure ansetzen – die riecht gleich noch viel besser.
Lesetipp – 10 Tricks gegen dreckige Fugen im Bad
4. Holzböden
Will man einen Holzboden reinigen, kommt es weniger darauf an, ob man alte Dielen oder schickes Parkett ausliegen hat, sondern wie das Holz versiegelt ist. Bei Hartversiegelungen und lackiertem Boden dürfte eine Reinigung mit Essig in der Regel problemlos sein. Anders sieht es bei Wachsversiegelungen oder geölten Holzböden aus: Diese sollen das Holz vor allem vor dem Eindringen von Wasser schützen, sind also lipophil. Essig löst diese lipophile Schicht auf, wodurch der Holzschutz verloren geht. Darüber hinaus lässt zu viel Essig das Holz spröde werden und hellt es auf.
Für die regelmäßige Reinigung sollte man seinen Holzboden daher lediglich nebelfeucht wischen und bei Bedarf mit einem entsprechenden Öl oder Wachs pflegen. In Ausnahmefällen kann eine Reinigung mit Essig aber auch durchaus sinnvoll sein: Um Fettflecken oder Flecken von Hundeurin loszuwerden, betupfst du die Stelle mit einem mit Essig benetzten Baumwolltuch. Je nach Intensität der Behandlung muss der Holzboden danach aber mit Holzpflegemittel eingerieben werden.
5. Kupfer
In der Schule gab es früher ein beliebtes Experiment: Ein Pfennigstück wurde in Essig gelegt und wenig später war es dunkel angelaufen. Die Essigsäure hat mit der Oxidschicht auf der Kupfermünze reagiert. Man hätte das Experiment auch mit Essigessenz machen können, dann wäre jedoch giftiger Grünspan entstanden.
Um altes Kupfergeschirr zu reinigen, ist Zitronensäure oder Ketchup viel geeigneter (Ketchup enthält zwar ebenfalls Essig, aber weit mehr Zitronensäure).
6. Bildschirm
Auf einem Touchscreen tummeln sich zehnmal so viele Bakterien wie auf einer öffentlichen Toilette. Es liegt also irgendwie auf der Hand, sein Tablet oder Smartphone reinigen zu wollen. Allerdings raten die meisten Hersteller dringend davon ab, Essig, Spülmittel oder Glasreiniger dafür zu verwenden. Wollen die bloß ihre Display-Reiniger verkaufen?
Nein. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die empfindliche Oberfläche angegriffen wird und der Touchscreen nicht mehr einwandfrei funktioniert. Ein Mikrofasertuch und saubere Hände sind daher wohl die geschickteste Lösung. Staub aus den Ritzen kann man mit selbst gemachtem Reinigungsschleim beseitigen. Weitere nützliche Smartphone-Tipps findest du hier.
7. Toilette
Essig bringt deine Toilette zum Strahlen. Gar keine Frage! Urinstein und Verfärbungen lösen sich mit Essig auf und ersparen dir jeglichen Spezialreiniger. Auch WC-Reinigertabs kann man auf der Basis von Essig selbst herstellen.
Das Problem beginnt erst, wenn man Essigreiniger und Spezialreiniger gleichzeitig verwendet. Viele Kloreiniger enthalten nämlich Chlor. Kommt dieses mit der Essigsäure in Kontakt, entstehen giftige Chlorgase, die dir deine Schleimhäute verätzen können! Glücklicherweise sind diese Spezialreiniger – wie bereits erwähnt – ohnehin überflüssig. Wie man WC-Reinigungsgel unkompliziert selber macht, erfährst du im Artikel über Putz-Tricks mit Zitronensäure.
Wie du siehst, ist Essig zwar ein wirklich großartiger Haushaltshelfer, aber man sollte ihn nicht kopflos überall und schon gar nicht in zu hoher Konzentration einsetzen. Eine Entwarnung darf aber gegeben werden: Entgegen weit verbreiteter Gerüchte ist normaler Haushaltsessig für die Waschmaschine keine Gefahr. Um die Gummidichtungen anzugreifen, ist der Säureanteil von Essig viel zu niedrig. Im Gegenteil profitieren Wäsche und Waschmaschine sehr durch die Zugabe von Essig beim Waschvorgang.
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