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Egalitärer Erziehungsstil: Erziehung auf Augenhöhe

Bis alle zufrieden sind: Beim egalitären Erziehungsstil wird so lange diskutiert, bis sich alle Familienmitglieder einig sind. Lässt sich das im Alltag umsetzen?

Eine Familie sitzt am Tisch mit Kaffee und Kuchen
© IMAGO / Shotshop

Vater filmt seine Tochter vor dem Restaurant. Was sie bei dem Fremden macht, ist heldenhaft.

Du kennst bestimmt die demokratische oder autoritäre Erziehung, oder? Doch hast du auch schon einmal etwas vom egalitären Erziehungsstil gehört? Was diesen Erziehungsstil so besonders macht, darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Grundsätzlich werden die folgenden acht Erziehungsstile unterschieden:

Definition: Egalitärer Erziehungsstil

Eine Familie sitzt am Tisch mit Kaffee und Kuchen
Bei der egalitären Erziehung begegnen sich alle Familienmitglieder auf Augenhöhe. Foto: IMAGO / Shotshop

Kurz gesagt: Beim egalitären Erziehungsstil sind alle Familienmitglieder absolut gleichberechtigt. Dies setzt voraus, dass sich Eltern und Kinder auf Augenhöhe begegnen. Die Meinung des Kindes hat den gleichen Wert wie die der Eltern und ebenso sind auch die Rechten und Pflichten gleichwertig. Das klingt zunächst ja ziemlich fair.

In der egalitären Erziehung gibt es – wie es normalerweise in Familien üblich ist – keine Hierarchien. Der Alltag ist nicht durch ein festes Regelwerk geprägt, sondern vielmehr werden Situationen zwischen allen Beteiligten ausdiskutiert. Hier ähnelt dieser Erziehungsstil sehr der demokratischen Erziehung, wobei bei letzterer immer noch die Eltern das letzte Wort haben.

Egalitär erziehende Eltern machen keine Unterschiede zwischen ihren Bedürfnissen und denen der Kinder. Die Gleichberechtigung greift so weit, dass alle wichtigen Entscheidungen zwischen den Eltern und Kindern nicht nur besprochen, sondern auch gemeinsam mit dem Kind entschieden werden. Wenn das Kind egalitär erziehender Eltern morgens nicht zur Schule möchte, wird dies auf Augenhöhe ausdiskutiert, bis eine zufriedenstellende Einigung getroffen wird. Dies soll Kinder zu selbstbewussten und verantwortungsbewussten Erwachsenen erziehen, die in der Lage sind, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen.

Im egalitären Erziehungsstil haben die Kinder nicht nur ein gleichberechtigtes Mitspracherecht wie die Eltern, sondern auch die gleichen Pflichten. Mitarbeit im Haushalt ist bei dieser Erziehungsform also unbedingt erforderlich.

Merkmale

Eine Familie sitzt gemeinsam am Tisch
Alle Entscheidungen werden gemeinsam gefällt. Foto: stock.adobe.com – JackF
  • Es gibt kein Unter- oder Überordnungsprinzip: Alle Familienmitglieder sind gleichwertig, die Eltern befinden sich auf der gleichen Ebene wie die Kinder – unabhängig vom Alter.
  • Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil der egalitären Erziehung.
  • Alle Entscheidungen werden gemeinsam getroffen – Eltern können bei Problemen jedoch Lösungsvorschläge unterbreiten.
  • Es finden regelmäßige Familientreffen statt, bei denen die Familienmitglieder zusammenkommen und ihre Meinung zu bestimmten Themen äußern können.
  • Anfallende Aufgaben werden gleichberechtigt auf alle Familienmitglieder aufgeteilt.
  • Lob und Tadel finden in einer nachvollziehbaren Form statt.
  • Jedes Familienmitglied wird als Individuum mit eigenen Bedürfnissen anerkannt und respektiert.

Auswirkungen

Blondes Mädchen steht am Waschbecken und wäscht ab.
Bei der egalitären Erziehung haben die Kinder die gleichen Rechte wie ihre Eltern, aber auch die gleichen Pflichten! Foto: IMAGO / Cavan Images

Wie bei der demokratischen Erziehung lernen auch die Kinder, die egalitär erzogen werden, dass ihre Stimme Gewicht hat. Sie lernen, selbstständig zu denken, für ihre Wünsche und Forderungen einzustehen, diese nachvollziehbar darzulegen und Eigenverantwortung zu übernehmen. Dies sind alles wichtige Punkte in der Entwicklung eines Kindes. Zusätzlich stärkt das gemeinsame Fällen von Entscheidungen das Gemeinschaftsgefühl. Egalitär erzogene Kinder können sich später gut in sozialen Gruppen integrieren, da sie gelernt haben, anderen mit Respekt und Achtung gegenüberzutreten. Zudem verfügen sie über ein großes Maß an Empathie.

Ein Mitspracherecht bei allen Entscheidungen zu haben, kann jedoch vor allem kleine Kinder schnell überfordern. Wenn sie keine festen Strukturen haben, nach denen sie sich richten können, fehlt ihnen die Orientierung. Zudem bietet der egalitäre Erziehungsstil auch reichlich Konfliktpotenzial, wenn die Meinungen stark auseinandergehen.

Auch der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen. Wenn alle Familienmitglieder eine gleich starke Stimme haben, können die Diskussionen mitunter viel Zeit kosten, ehe man eine gemeinsame Entscheidung getroffen hat. Vor allem in stressigen Alltagssituationen ist die egalitäre Erziehungsform nur schwer umzusetzen.

Fazit

Frau steht am Herd während ihr Mann eine Kaffeepause macht und zwei Töchter auf ihre Mutter einreden.
Sind die vielen Diskussionen im stressigen Alltag überhaupt realisierbar? Foto: stock.adobe.com – Kzenon

Wie beim demokratischen Erziehungsstil werden die Eigenaktivität, Eigeninitiative und Selbstständigkeit des Kindes gefördert. Der Ansatz, dass sich Eltern und Kinder auf Augenhöhe begegnen, stärkt das Gemeinschaftsgefühl und die Kinder lernen wichtige soziale und persönliche Fähigkeiten. Diese können ihnen im weiteren Leben hilfreich sein. Jedoch setzt der egalitäre Erziehungsstil eine emotionale Reife voraus, die kleinere Kinder häufig noch nicht haben. Und wenn man an die Stimmungsschwankungen pubertierender Jugendlicher denkt, ist es fraglich, ob sich der egalitäre Erziehungsstil konsequent durchsetzen lässt.

Quelle: kindererziehung.com, familie-und-tipps.de, kitaflex.com
Vorschaubilder: ©IMAGO / Shotshop ©stock.adobe.com – JackF