Die Flasche Bier am Abend und der Wein zum Mittagessen sind aus dem Genussalltag nicht mehr wegzudenken. Zum Besuch bei Freunden wird die Flasche Sekt mitgebracht, nach dem Dinner gibt es einen Schnaps für die Verdauung – Der Konsum von Alkohol ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Doch immer mehr junge Leute schwören dem Genuss von alkoholischen Getränken ab und verzichten auf den Rausch. Dieser Trend heißt „Sober Curiosity“. Was es mit dieser „nüchternden Neugier“ auf sich hat, erfährst du hier.
„Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren.“
Unter dem Deckmantel der Tradition – schließlich ist das Zuprosten mit alkoholischen Getränken fest in der deutschen Soziologie verankert – heben wir immer wieder gerne unser Glas, um auf Geburtstage, bestandene Prüfungen, neue Lebensabschnitte oder das Wochenende anzustoßen. Doch zu welchem Preis?
Ursprünglich gab es feste Regeln für das Alkoholtrinken. So diente der Alkoholgenuss dem Knüpfen und Pflegen von sozialen Kontakten. Es war üblich, Wein und Bier mit anderen zu teilen. Wer alleine trinkt, gerät in den Verdacht, ein Alkoholiker und unsozial zu sein. Das Feierabendbier oder das Glas Rotwein nach einem anstrengenden Tag sind heutzutage jedoch nicht unüblich – ob in Gesellschaft oder alleine daheim.
Die jungen Trendsetter von heute posten Millionen Beiträge in den sozialen Medien unter dem Thema „soberlife“, „sober“ oder „soberliving“, was so viel bedeutet wie ein nüchternes Leben. Vielleicht hast du auch schon etwas vom „Dry January“ oder „Sober October“ gehört. Ähnlich wie beim „Veganuary“, in dem man im Januar auf tierische Produkte verzichtet, streicht man in diesen beiden Monaten Alkohol von seiner Getränkeliste.
Junge Leute wollen lieber nüchtern sein
Doch woher kommt die Lust, gerade bei jungen Menschen, nüchtern zu bleiben? Gerade auf Partys ist die normale Reaktion auf einen alkoholfreien Getränkewunsch meist Empörung und Unverständnis. Einzig der Fahrer oder schwangere Gäste werden nicht zu dem Genuss von Alkohol gedrängt. Doch dies könnte sich zukünftig ändern.
So zeigt der Alkoholsurvey der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – hierbei handelt es sich um eine repräsentative Befragung junger Menschen in Deutschland mit dem Schwerpunkt Alkoholkonsum – dass die Anzahl der 12- bis 17-Jährigen, die regelmäßig Alkohol trinken, in Deutschland deutlich zurückgegangen ist. 2001 lag sie bei 17,9 Prozent, im Jahr 2021 nur noch bei 8,7.
Außerdem ist die Zahl derjenigen, die bis zum 17. Lebensjahr mindestens einmal in ihrem Leben Alkohol getrunken haben, auf 57,5 Prozent gesunken, dies sind 30 Prozent weniger als 2001. Der regelmäßige Alkoholkonsum bei 18- bis 25-Jährigen ist nach der Alkoholsurvey ebenfalls erkennbar zurückgegangen. Von ursprünglich 67 Prozent im Jahr 1973 greifen heute nur noch 32 Prozent regelmäßig zu alkoholischen Getränken.
Gründe für das Nüchternsein der Gen Z
Über die genauen Gründe, warum bevorzugt Millennials und die Gen Z auf Alkohol verzichten, kann man nur spekulieren. Es könnte jedoch ein Grund sein, dass die jungen Menschen heute viel leichter Zugang zu Informationen durch das Internet erhalten als die Generationen zuvor. Die Jugend von heute weiß genau, welche Gefahren von Alkohol und einem Rauschzustand ausgehen.
So gaben in einer Google-Umfrage 76 Prozent der nach 1995 Geborenen (Gen Z) an, dass sie in allen Bereichen ihres Lebens gerne die Kontrolle behalten. Alkohol schade da nur. 86 Prozent gaben an, dass sie Alkohol mit Missbrauch, Angst und Verletzlichkeit verbinden.
Das sind die Vorteile von „Sober Curiosity“
Wenn du schon einmal mit einem ausgewachsenen Kater aufgewacht bist, liegen die Vorteile vom Nüchternsein auf der Hand:
- Du schläfst deutlich besser ohne Alkohol im Blut und fühlst dich am nächsten Tag fitter.
- Du hast insgesamt mehr Energie, da dein Körper nicht damit beschäftigt ist, den Alkohol abzubauen.
- Dein Gedächtnis und deine Konzentration verbessern sich.
- Dein Geldbeutel freut sich, Alkohol hat schließlich seinen Preis.
Neben dem kompletten Verzicht auf Alkohol ist auch ein bewussterer Umgang mit alkoholischen Getränken Bestandteil der „Sober Curiosity“-Bewegung. Stell dir vor dem nächsten Alkoholkonsum doch auch einmal folgende Fragen:
- Warum trinkst du Alkohol?
- Zu welchen Anlässen hebst du das Glas?
- Was macht der Alkoholkonsum mit dir?
- Wie geht es dir am nächsten Tag?
Das sind die Risiken von Alkoholkonsum
Wenn du dir diese Fragen ehrlich beantwortest, kannst du einen bewussteren Umgang mit Alkohol pflegen. Denn entgegen früherer Studien, die einer geringen Menge Alkohol eine gesundheitsfördernde Wirkung zusprachen, ist jedweder Konsum von Alkohol gesundheitsschädigend.
Alkohol erhört zum Beispiel das Risiko für verschiedene Arten von Krebs, Bluthochdruck, Schlaganfälle sowie Herz-Rhythmusstörungen.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt die maximal tolerierbare Menge pro Tag bei 20 Gramm Alkohol (0,5 Liter Bier) für gesunde Männer und 10 Gramm Alkohol (0,1 Liter Sekt) für gesunde Frauen. Dies soll jedoch nicht als Ermunterung für täglichen Alkoholkonsum angesehen werden.
Ältere Generationen lächeln ja gerne mal über die jüngeren und ihre skurrilen Trends. Doch manchmal sind die jungen Leute doch etwas pfiffiger und weitsichtiger als angenommen. Auch wenn der Konsum von Alkohol schon lange gesellschaftsfähig ist, ist es nicht verkehrt, den eigenen Umgang mit diesem Suchtmittel zu überdenken.
Quelle: utopia.de
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